Ein oft vernachlässigter Aspekt der Digitalisierung ist die (Aus-)Bildung des Personals.
Diesem Thema widmet sich ein Arbeitspapier der Careum Stiftung. Das Papier zeigt die fundamentalen Veränderungs- und Innovationsprozesse auf, welche die Rollen, Kompetenzen und Kooperationen von allen Gesundheitsberufen massiv verändern.
Unsere Junior Beraterin und Medizinstudentin, Florence Odermatt hat sich in das Arbeitspapier vertieft und zeigt einige Handlungsschwerpunkte auf – als Beraterin und Studentin beleuchtet Sie beide Sichten: «Spitalbetrieb» und «Ausbildung».
Innovationen..
Die digitale Transformation im Gesundheitssystem beinhaltet neben der Einführung des EPD vielversprechende Technologien und Produkte, welche die Diagnose, Überwachung, Terapie oder Prävention einer Krankheit oder eines Gesundheitszustandes beeinflussen.
Um nur einige Beispiele zu nennen: Mit Telemedizin kann die Produktivität gesteigert und Kosten gesenkt werden. Studien in den USA zeigten zudem die Reduktion der Komplikationsrate.
Virtual und Augmented Reality können zur Behandlung von psychologischen Beschwerden benutzt werden und Robotik kann neben dem Operationssaal auch Einzug in die Bereiche der Pflege erhalten.
Transformative neue Technologien und Behandlungsmöglichen sind teilweise bereits in der Anwendung, teilweise werden sie geplant oder nächstens eingeführt - die kontinuierliche Anpassung auf Seiten des Gesundheitspersonals in ihrer Arbeit und den Arbeitsabläufen ist essentiell.
und Akteure...
Akteure auf unterschiedlichen Ebenen interagieren mit den neuen Anwendungen.
Sie nutzen Informationen und Prozesse mit unterschiedlichen Zielen:
Patienten, pflegende Angehörige oder Selbsthilfegruppen und die Mitarbeitenden in Gesundheitsberufen (Mikroebene) ebenso wie
Institutionen im Gesundheitswesen (Mesoebene) und nicht zuletzt
die Gesellschaft als Ganzes, Politik, Wirtschaft, Bildung und Forschung (Makroebene).
mit unterschiedlichen Zielen
Auf der Mikroebene steht die Nutzung zur Entlastung im Gesundheitsalltag im Vordergrund:
Institutionen wollen Behandlungsergebnisse verbessern und Prozesse optimieren, während die Makroebene im Bereich von Forschung und Bildung profitiert und im Interesse von allen die Kostenexplosion in Schach halten will.
Vielfältige neue Herausforderungen
Damit diese Ziele erreicht werden können, ist die folgende Frage mit Fokus auf die Mitarbeitenden im Gesundheitsbereich zentral:
Werden die künftigen Ärztinnen, die Pfleger, Physiotherapeutinnen und sonstigen Gesundheitsdienstleister heute angemessen auf diese Transformation vorbereitet?
Schliesslich wird sich für sie einiges ändern:
Dr. Google, Wearables und Diagnose-Apps
Auch heute schon konsultiert ein grosser Teil der Patienten vor dem Arztbesuch Dr. Google.
Dank intelligenter Technik erhalten Patientinnen und Patienten schnell und einfach Zugang zu Gesundheitsdaten und Diagnosen, die früher ohne Zugang zu ärztlichem Personal nicht erhältlich waren.
Entsprechend oft eröffenen Patienten die Sprechstunde bereits mit konkreten Diagnosevorschlägen.
Patient Empowerment
Die heute stärkere Involvierung der Patientinnen ist wünschenswert und hat auch positive Auswirkungen. Denn mit «Patient Empowerment» nehmen Patienten eine aktive Rolle im eigenen Gesundungsprozess ein, was den Behandlugnserfolg erhöht. (Siehe auch unseren Blog «patientenzentriert – selstverständlich»)
Die Anforderungen an den Umgang mit Patientinnen und Patienten haben sich geändert: Es gilt, Aufklärungsarbeit bezüglich Falschinformationen zu leisten und Ängste zu adressieren – Probleme, mit denen im veralteten, patriarchalischen Arztmodellen nicht zu rechnen war.
Erwartungen und Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten
Die Patientenschaft kommt jedoch nicht nur mit Diagnosen- und Therapievorschlägen in die Praxis bzw. das Spital – oft benutzt sie auch schon eines oder gar mehrere digitalen Tools aus dem App/GooglePlay Store oder dem Internet.
Als Gesundheitsfachperson eine Übersicht über Qualität und Nutzen der üblichesten Apps zu haben, ist nicht einfach: Im Jahr 2018 gab es weltweit bereits über 380'000 Apps, die einen Gesundheitsbezug angeben!
Im Austausch mit Patientinnen und Patienten können dennoch Fragen auftauchen und Empfehlungen und Einschätzungen aus ärztlicher Sicht werden immer öfter erfragt.
In diesem Zusammenhang ist auch «big data» ein Thema, da der verbreitete Gebrauch von smart devices, wearables und insidables eine Unmenge an Datenvolumen generiert. Hier gehört wiederum Aufklärung bezüglich des Datenschutzes dazu. Das gilt selbstverständlich ebenso für den Umgang mit diesen Daten als Ärztin, denn diese können epidemiologisch von hohem Wert sein –wenn sie vernünftig strukturiert sind.
Die vorgangs erwähnten Beispiele zeigen: Die digitale Kompetenz von Gesundheitsfachpersonen wird benötigt und teilweise bereits erwartet.
Bei der umfassenden Begleitung von Patientinnen und Patienten im Gesundheitsalltag, ob in der Vorsorge, Behandlung oder Nachsorge – die Digitalisierung wird und soll an Bedeutung zunehmen.
Digital Natives als Lösung?
Von Generation X und Y zu erwarten, dass sie als «Digital Natives» automatisch mit den neuen Technologien zurechtkommen, ist unfair und wäre, wie wenn jedes Kind automatisch Autofahren könnte, da es ja von klein auf in Autos mitgefahren ist. Auch die jüngeren Generationen des Gesundheitspersonal werden diese Herausforderungen nicht ohne weiteres bewältigen können.
Benötigte Kompetenzen
Grundlegende digitale Kompetenzen sind bei Generation X und Y sicher vorhanden – was es aber braucht, ist der sichere und fachgerechte Einsatz digitaler Anwendungen und die Befähigung, komplex vernetzte Systeme durchschauen zu können.
Weiter auch gute interprofessionelle Zusammenarbeit, sowie die Fähigkeit, den Einsatz digitaler Medien und Systeme kritisch und emotionsreguliert abzuwägen. Diese berufsspezifischen Kompetenzen und Professionalität müssen jedoch erlernt werden.
Aufnahme ins Curriculum des Medizinstudiums
Dies wurde auch von der SMIFK (Schweizerische Medizinische Interfakultätskommission) erkannt und in den 2017 überarbeiteten Lernzielkatalog des Medizinstudiums (jetzt PROFILES) wurden Punkte betreffend Digitalisierung aufgenommen.[1]
Dennoch: Die Implementierung von PROFILES ist schlussendlich Sache der Medizinischen Fakultäten und geschieht aufgrund des hohen administrativen Aufwandes wohl eher morgen als heute.
Im Alltag des Studiums sind aber bereits langsam Änderungen sichtbar, z.B. an der Universität Zürich: digitale Tools für mehr Interaktivität werden während den Vorlesungen vermehrt benutzt, die ersten Prüfungen wurden diesen Winter an Tablets durchgeführt und durch Corona wurde der Einsatz von Podcasts ein Semester früher als geplant gestartet.
Inwiefern in Zürich diese Thematik im Curriculum aufgenommen wird, werden wir mit Curriculumsrevision ZHmed4, deren Änderungen ab September in Kraft treten, gespannt erwarten können.
Beitrag von Spitälern und Kliniken
Auch die Spitäler und Kliniken können zum Fortschritt der Digitalisierung beitragen – zum einen durch die Sensibilisierung der Studierenden während den Kursen, zum anderen durch die Aus- und Weiterbildung ihres eigenen Personals.
Schliesslich wäre es erstrebenswert, wenn die Stakeholder und Akteure im Gesundheitswesen aktiver an der Digitalen Transformation aktiv teilnehmen und mitgestalten – in ihrem eigenen Interesse und ganz besonders im Interesse des Patientenwohls.
Der Beitrag von heyPatient
HeyPatient kann zwar keine fertig ausgebildeten Studierende anbieten, aber die Schulung des Personals vor der Einführung der App ist uns ein wichtiges Anliegen. Dazu gehört unter anderem auch das Erleben des Patient Journey:
In die Patienten-Rolle schlüpfen und den Termineintrag, der direkt aus dem Planungssystem in der App erscheint, selber erhalten.
Texte, Anweisungen und Funktionalitäten der App auf hohem Level kennenlernen, damit Patienten (nicht nur während dem Aufenthalt) gut begleitet werden können.
Gemeinsam die Lösung gestalten
Als Leistungserbringer-übergreifende Lösung suchen wir den Kontakt mit PatientInnen und dem Gesundheitspersonal auf allen Ebenen damit sich unsere Lösung stetig verbessert und allen Beteiligten höchstmöglichen Nutzen bietet.
Bestehendes nutzen und stärken - Kosten tief halten
Durch die Vollintegration in die Kliniksysteme wird der Zugang zu mehreren Spitälern durch eine App erlaubt, was die Kosten tief hält und gleichzeitig sicherstellt, dass das ganze Gesundheitssystem profitiert. Gleichzeitig bieten wir jedem Leistungserbringer eine eigene Präsentations-Plattform und – wo gewünscht – spezifische Funktionalitäten, damit das Patientenerlebnis massgeschneidert zur eigenen Kultur und zum gewünschten Auftritt passt.
Datenschutz und Datensicherheit - ohne Kompromisse
Bei einem der am häufigsten erwähnten Themen der Digitalisierung – Datenschutz und Datensicherheit – sind wir kompromisslos und haben von Beginn weg auf starke Partner gesetzt: Die Anmeldung über Swiss-ID garantiert ein sicheres Login und die gesicherte Identität aller Beteiligten. Daten sind in der Swiss Cloud von Azure Schweiz gespeichert und Datenübertragungen erfolgen verschlüsselt.
Fussnoten und Referenzen:
[1] Z.B. in den General Objectives, hier ersichtlich COM 2.9: “ improve patient’s and family’s health literacy by assisting them to identify, access, and make use of information and communication technologies to support their health care and the adoption of healthy lifestyles” SCH 6.3: “demonstrate the critical use of information technology to access accurate and reliable (online) medical information, taking into account the levels of evidence provided by the medical literature, and integrating it into patient care” SCH 6.6: “adapt to new technological advances, e.g. big data, new imaging techniques and tools to monitor a patient’s state of health and disease stage”
Über Careum
Die Careum Stiftung fördert die Bildung im Gesundheits- und Sozialwesen durch Innovation und Entwicklung.
Mit der Veröffentlichungsreihe der Careum Working Papers sollen Entwicklungen in der Gesundheitsgesellschaft aufgegriffen und relevante Impulse gegeben werden, um innovative Prozesse im Gesundheitswesen zu stimulieren und aktiv mitzugestalten.
Über die Autorin
Florence Odermatt schloss ihr Bachelorstudium in Medizin an der Universtität Zürich ab.
Ihr Masterstudium absolviert sie an der Uni Luzern. Bei heyPatient arbeitet sie als Junior Business Consultant - Healthcare Specialist an der Bereitstellung von patientenverständlichen Terminzusatzinformationen und sie bringt ihr Fachwissen bei der Weiterentwicklung von diversen Funktionalitäten ein.
Florence ist Mitorganisatorin des diesjährigen Swiss Medical Studen's Convention (SMSC), der swimsa und ist im Vorstand des FluMed, dem Fachverein für Medizinstudenten.
Sie ist gerne in den Bergen unterwegs und unterrichtet als Skilehrerin in der SKischule Engelberg Kidner und Erwachsene.
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